Ich zeige dies bewusst am Beispiel der VOB. Aus meiner Sicht ist es nicht verkehrt sich daran zu halten, denn grundsätzlich kann man damit nichts falsch machen.
Ein befreundeter Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht hat mir erzählt, dass sobald die Sachlage nicht eindeutig ist, der Richter meist folgende Frage stellt: „Wie wird es denn üblicherweise gemacht?“ In der Regel wird sich in so einem Fall am DIN und/oder der VOB orientiert.
Begriff Nachtrag
Ein Nachtrag ist eine Forderung auf Vergütung für eine vom Bau-Soll abweichende Bauleistung, die erst nach Vertragsabschluss gefordert bzw. zu vertreten ist.
Ein Vergleich zwischen der vertraglich geschuldeten Leistung und der tatsächlich erbrachten Leistung wird erkennen lassen, ob eine Bau-Soll-Abweichung vorliegt.
Heute möchte ich mich auf folgende typische Arten von Nachträgen konzentrieren:
Änderungen und Ergänzungen – Nachträge für Bauherrenwünsche
- Leistungsänderung:
- textliche oder
- technologische Änderung der Leistung,
- Änderung der Baupläne
Beispiel: Terrassenplatten wurden in Beton beauftragt und noch vor der Ausführung hat sich der Bauherr statt Beton das Material Granit gewünscht.
(Der Einzelpreis wird um die Mehrkosten des Materials, einschließlich der vereinbarten Zuschläge für BGK, AGK, betriebsbezogenes-, leistungsbezogenes Wagnis und Gewinn erhöht.)
= höherer Einzelpreis
- Leistungsänderung/-ergänzung:
Beispiel: Eine Ortbetonwand wurde beauftragt. Jedoch ist ein zusätzliches Einbauen einer Stahlplatte als Wandachse als Schlusssicherung notwendig.
(Der Einzelpreis wird um die Mehrkosten der Stahlplatte, einschließlich der vereinbarten Zuschläge für BGK, AGK, betriebsbezogenes-, leistungsbezogenes Wagnis und Gewinn erhöht.)
= höherer Einzelpreis
- Zusätzliche Leistung:
- Leistungen, die nicht oder nur unvollständig ausgeschrieben waren,
- Leistungen aus Anordnungen des Auftraggebers,
- oft sind die Anforderungen zur eindeutigen Leistungsbeschreibung nur ungenügend erfüllt bezüglich:
- Angaben zur Baustelle,
- Angaben zur Ausführung
(Bei zusätzlichen Leistungen ist ein neuer Einzelpreis auf Grundlage der Auftragskalkulation (Urkalkulation) oder der tatsächlichen Kosten zu bilden. Als Umlage sind die Zuschlagssätze der Auftragskalkulation anzuwenden.)
Wie sieht das in der alltäglichen Praxis aus?
In der Praxis ist die Abgrenzung bzw. Einordnung in zusätzliche und geänderte Leistungen oft schwierig, weil die Grenzen zumeist fließend sind. Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, sind nicht zu vergüten.
Ebenso ist es im alltäglichen Geschäftsbetrieb nicht immer so einfach eine zusätzliche geforderte Leistung zu einem Preis, welcher im Nachtragsangebot festgeschrieben wurde, durchzusetzen. Selten ist ein Auftraggeber bereit für zusätzliche Leistungen und deren Ausführung einen höheren Preis zu zahlen.
Bleib neugierig!